The miserable Me and the incredible You.

Auf unserer Suche nach dem perfekten Partner wünschen wir uns doch vor allem eins: jemanden, der uns das Gefühl von Vollständigkeit gibt. Jemand, der unser Leben komplettiert, der uns das fehlende Puzzleteil bringt.

Woher kommt bloß dieser Wunsch?

Ist es wahr? Sind wir alle unvollständig? Brauchen wir wirklich eine zweite Hälfte, damit wir 'ganz' sein können? Sind wir ohne jenes Teil alle fehlerhaft? Und: wer ist dieser Mensch, der uns zusammenfügt? Was muss er haben oder sein?

Freud teilt unsere Psyche in drei Ebenen ein: das Es, das Ich und das Über-Ich. Das Es steht demnach für den unbewussten Ausdruck unserer Triebe. Das Ich bezeichnet die bewussten Denkvorgänge des Alltags und kann mit dem Begriff "Selbstbewusstsein" synomiert werden. Das Über-Ich bezeichnet jene psychische Struktur, in der soziale Normen, Werte, Gehorsam, Moral und das Gewissen angesiedelt sind.

Ich erweitere seine revolutionäre These um eine Ebene: the miserable Me. Es ist jene Ebene des Bewusstseins, die uns glauben lässt, dass wir irgendwie unvollständig oder fehlerhaft sind. Und jene Ebene ist es, die, wenn wir sie nicht im Griff haben, uns ständig vorgaukelt wir könnten so lange nicht glücklich oder zufrieden sein, bis wir jemanden finden, der uns komplett macht - the incredible You. The miserable Me ist etwas, das uns stets nach vorne treibt und uns mindestens genau so oft zurückwirft

The miserable Me kann nur befriedigt werden, sollten wir the incredible You finden. Ob wir das jemals tun?

In Wahrheit ist es doch so: the miserable Me ist ein Irrtum. Ebenso wie the incredible You. Nichts und niemand wird uns jemals vervollständigen können. Wahre Zufriedenheit und echtes Glück sind Dinge, die uns niemand einfach so bringen kann. Wir müssen sie selbst finden - irgendwo am Wegesrand. Wir sind immer selbst dafür verantwortlich offen zu sein dafür. Glück anzunehmen, wenn es vor unserer Türe steht. The incredible You ist lediglich etwas, das wir uns ausmalen - etwas, dem wir die Schuld in die Schuhe schieben können.

Wartet nicht auf the incredible You. Seid es selbst. Zeigt eurem miserable Me, dass ihr selbst das incredible You sein könnt - zu jeder Zeit. Allein, gemeinsam, einsam, zusammen oder einfach nur, weil ihr es könnt. Ihr selbst seid das incredible You. Und alle, die wir finden und die wir lieben - die bringen uns nicht etwa das fehlende Stück. Nein, sie verschönern es nur. Machen das Puzzle des Lebens zu einem wahrhaften Kunstwerk - und unser Herz und unsere Seele zur schönsten Galerie.

Für Anna.

Die Suche nach dem Wort.

Weltweit gibt es circa 6500 - 7000 verschiedene Sprachen. Das sind Millionen und Milliarden verschiedene Wörter, von denen wir durchschnittlich 16 000 pro Tag verwenden - auf ein ganzes Leben aufgerechnet ergibt das in etwa 460 Millionen.

Was ist dein Wort? Jenes eine unter all den Abertausenden, das dich beschreibt? Kann man überhaupt ein einziges Wort haben? Was, wenn es vielleicht mehrere wären? Oder gar ein ganzer Satz?

Wenn wir darüber nachdenken und uns für ein Wort oder einen Satz entscheiden, beschreiben wir doch eigentlich oft nur einen Zustand. Unser Leben zu einem Zeitpunkt. Und morgen kann es schon etwas ganz anderes sein - können wir schon ganz anders sein. Ein Wort, das das Leben beschreibt - und zwar jedes Leben - ist wohl Veränderung. Wir wachsen, wir werden, wir schreiten voran... und dabei verändern wir uns, ob wir nun wollen oder nicht. Und mit uns verändern sich unsere Wörter und Sätze.

Und trotzdem glaube ich fest daran, dass es doch jeder ein einziges Wort hat. Jenes eine, das uns ein Leben lang begleitet. Das jeden Abschnitt, jeden Zeitpunkt, jeden Moment unseres Lebens beschreibt - und damit auch uns selbst.

Mein Wort ist unterwegs. Seit ich denken kann bin ich unterwegs. Unterwegs durchs Leben, ständig einem Ziel entgegen. Und hatte ich das Ziel erreicht, erkannte ich, dass es doch nur ein Streckenposten war - und die Reise ging weiter. Ich bin unterwegs zu meinen Freunden, bin unterwegs in die Arbeit, unterwegs ins Wochenende, unterwegs auf der Suche nach ein wenig Glück. Unterwegs Antworten zu finden. Ich bin unterwegs. Ständig. Und ich wünsche mir mehr als alles andere es noch so lange wie nur möglich sein zu können.

Was ist dein Wort?

Du weißt es nicht? Kannst dich nicht entscheiden, weil es doch so viele gibt? Mach dir keine Sorgen. Du musst dich nicht jetzt schon festlegen, du hast ein ganzes Leben lang Zeit dafür. Denn irgendwie sind wir doch alle ein wenig wie Liz Gilbert aus Eat Pray Love - wir sind Menschen auf der Suche nach einem Wort. Und bis wir unser Wort gefunden haben, können wir uns vielleicht ein paar andere ausborgen: Abenteuer, Glück, Zufriedenheit, Liebe, Freundschaft.

Es ist doch andauernd die Suche, die uns vorantreibt. Selbst, wenn es nur die Suche nach einem Wort ist.

Frage! Antwort?

Wir sind ständig auf der Suche. Nach unseren Schlüsseln, nach unauffindbaren Dingen, nach Geborgenheit, Zuhause, Freundschaft, Liebe. Wir suchen. Und am meisten suchen wir nach Antworten.

Wir stellen andauernd Fragen ans Leben. Wieso, warum, weshalb. Wir wollen Begründungen, wollen Erklärungen. Wir sehnen uns nach Klarheit.

Und doch sind es oft wir selbst, die uns dabei im Weg stehen. Wir werden niemals Antworten bekommen, wenn wir die Fragen nicht stellen. Wieso ist es nur so schwer die Frage einfach auszusprechen? Was bewegt dich?

Ganz einfach gesagt ist es die pure Angst, die uns so oft davor abhält eine Frage zu stellen. Die Antwort könnte uns nicht passen. Sie könnte etwas zerstören, könnte uns völlig aus der Bahn werfen. Wir haben nicht nur Angst vor der Antwort, sondern noch viel mehr vor der Wahrheit. Wahrheit kann schmerzen. Wahrheit kann unsere Welt verändern. Wahrheit kann mit einem Schlag all unsere mühsam erbauten Luftschlösser einfach niederreissen.

Wir stellen die Frage nicht. Wir verwenden sie als Fundament für unsere Träumereien. Als Leinwand für das, was wir uns ausmalen. Die Antwort kann alles sein, solange wir die Frage nicht stellen.

Und doch wird uns irgendwann klar, dass es manchmal gar nicht um die Antwort geht, sondern allein um die Tatsache die Frage zu stellen. Es laut auszusprechen, was uns belastet. Einen Schritt zu machen. Egal in welche Richtung. Hauptsache weg von der undurchsichtigen Wand aus Unwissenheit. Wir sollten nicht darüber nachdenken was die Antwort, was die Wahrheit, mit oder in uns anrichten kann. Es wird so oder so passieren. Manche Fragen klären sich auch ohne sie gestellt zu haben. Und das meistens zur falschen Zeit, im falschen Moment.

Auch ich habe viele Fragen. Fragen die ich eigentlich jeden Tag stellen könnte. Fragen an Menschen, die ich regelmäßig sehe oder höre. Und doch traue ich mich niemals es einfach auszusprechen. Es könnte etwas kaputtgehen. Meine fabelhafte Glitzerwelt könnte von einer Sekunde zur nächsten in Trümmern liegen. Und doch fühlt es sich manchmal an, als wäre dies nur ein kleiner Preis den ich zahlen müsste im Gegensatz zur nagenden Ungewissheit. Setzt es auf eure To-Do-Liste. Fragen stellen. Am Ende werden wir doch immer nur aus den Antworten lernen und nicht aus den Luftschlössern, die wir aus den Fragen bauen.

Ein gebrochenes Herz.

Das Herz ist ein etwa faustgroßer Hohlkörper und besteht aus Muskelmasse. Die Hauptaufgabe des Herzens besteht darin, wie eine Pumpe zu funktionieren und unseren gesamten Körper ständig mit Blut zu versorgen. Ein gesundes Herz schlägt etwa 70 bis 80 mal pro Minute, das sind auf ein ganzes Leben aufgerechnet etwa 2,5 Milliarden mal.

Medizinisch gesehen ist es unmöglich sich das Herz zu "brechen". Aber seit den 90er Jahren gibt es eine Diagnose: Broken-Heart-Syndrom. Stressbedingte Kardiomyopathie. Die Symptome sind ähnlich denen eines Herzinfarktes, ausgelöst wird stressbedingte Kardiomyopathie von traumatischen emotionalen Erlebnissen. Der Verlust einer geliebten Person, Trennung, ein Unfall... Plötzlich ist es sogar medizinisch möglich sich das Herz zu brechen.

Und es passiert tatsächlich. Unser Herz wird gebrochen. Einfach so. Und es fühlt sich schrecklich an. Freudlos. Antriebslos. Leer. Fast so, als hätte unser gebrochenes Herz ein schwarzes Loch erzeugt, das all die schönen Dinge, die wunderbaren Momente und fabelhaften Erinnerungen einfach aufsaugt.

Wie heilt man ein gebrochenes Herz? Wie lebt man weiter, wenn statt einem Herzen nurmehr ein alles verzehrendes, alles aufsaugendes schwarzes Loch in uns ist?

In Wahrheit machen wir einfach weiter. Wir schlucken die Freudlosigkeit, die Antriebslosigkeit und die Leere hinunter und gehen vorwärts. Ebenso wie Broken-Heart-Syndrom-Patienten überleben auch wir unser gebrochenes Herz. Wir beißen die Zähne zusammen, quälen uns ein Lächeln aufs Gesicht und starten in die Welt hinaus. Gebrochenes Herz hin oder her - so lange es noch Blut durch unseren Kreislauf pumpt gibt es keinen Grund aufzugeben.

Herzen brechen viel zu leicht. Es braucht manchmal nur wenig, und plötzlich ist es passiert. Ein winziger Augenblick und unsere Welt liegt in Scherben. Eine schlaflose Nacht und wenn die Sonne aufgeht hat sich alles geändert. Ist das wirklich fair? Ein kurzer Moment und plötzlich ist unser Herz gebrochen und all die mühsam gesammelten schönen Dinge fallen einfach heraus und verschwinden in einem schwarzen Loch? Was die Medizin als Broken-Heart-Syndrom bezeichnet, nenne ich ganz schlicht und einfach: Leben.

Es werden schlimme Dinge passieren. Schlechte. Beschissene. Und manchmal sogar alles zusammen. Wir werden alles in Frage stellen was wir haben und wer wir sind. Wir werden vollkommen verzweifeln, werden am liebsten alles hinwerfen wollen. Es werden schlechte Tage kommen. Wochen, Monate. Es wird Zeiten geben, da scheint all unser Glück einfach aufgebraucht und nicht mehr erreichbar. Aber wir werden überleben. Unser gebrochenes Herz wird heilen. Wir werden verstehen, dass es nicht anders geht. Dass jedes Herz gebrochen werden muss. Es gehört nunmal dazu. Wir sind so stark wie unser gebrochenes Herz - und so gebrechlich wie unser gesundes.

Und so lange unser Herz - gebrochen oder ganz - die Chance hat 2,5 Milliarden mal zu schlagen ist nichts verloren. Egal ob es ein paar tausend Mal vielleicht ein wenig schmerzt. So wissen wir wenigstens, dass wir noch ein Herz haben.