Das Leben regnen lassen.
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- Veröffentlicht: 16. April 2016
Es gibt diesen Moment im Leben, da bleibst du plötzlich stehen, schaust dich um und fragst dich: Was ist eigentlich passiert? Und noch während du darüber nachdenkst wird dir klar, dass es das Leben war, das einfach passiert ist. Du wurdest nie um Erlaubnis gebeten oder hast es für gut befunden - es ist einfach geschehen. All das. Und du hattest keine Wahl. Du musstest mitmachen, dich mitreissen lassen, mitgehen. Die Alternative wäre nicht tragbar gewesen.
Nun, manchmal ist das Leben wirklich seltsam. Es reißt dich in die tiefsten Abgründe, nur damit du wieder herausklettern kannst. Es wirft dich zu Boden, nur um dir selbst zu beweisen, dass du aufstehen kannst. Es ist eine ständige Prüfung. Und die ständige Herausforderung über dich selbst hinauszuwachsen, deine Grenzen zu übertreten und dich plötzlich in einem völlig neuen Sein wiederzufinden.
Und es ist niemals an uns nach dem "Warum" zu fragen. Es passiert. Es ist das Leben. Ohne Filter. Ohne Rechtschreibprüfung. Ohne Möglichkeit zu rebooten oder die Festplatte zu defragmentieren.
Und doch kann es so schön sein. So herrlich und unbeschwert und noch tausend andere Sachen. Diese unwahrscheinliche Euphorie, wenn uns klar wird, dass wir über uns selbst hinausgewachsen sind. Diese Leichtigkeit, wenn wir uns wiederfinden in einer Situation, die wir nie für möglich gehalten hätten.
Ja, manchmal müssen wir uns fragen was eigentlich passiert ist. Um uns daran zu erinnern, dass etwas passiert ist. Wir stehen nicht still. Vielleicht kommt es uns manchmal so vor, aber selbst im größten Leid bewegen wir uns vorwärts in Richtung Zukunft. Und am Ende wird es egal sein wie wir dorthin gekommen sind - Hauptsache wir sind da. Es ist ganz ähnlich wie mit den Tattoos. Am Ende vergessen wir den Schmerz. Weil das Ergebnis so schön ist, dass wir ihn gerne dafür in Kauf genommen haben.
Es zahlt sich aus zu leiden. Zu zweifeln. Den Mut zu verlieren und das Vertrauen, dass alles gut wird. Einfach nur deshalb, weil wir sonst vergessen würden wie schön es sein kann sich selbst zu überraschen. Stehen zu bleiben, sich zu fragen was passiert ist und bemerken, dass man plötzlich wieder glücklich geworden ist. Einfach so. Dass es möglich ist die Frage "Wie geht es dir?" mit "Gut." zu beantworten und es auch so zu meinen. Es ist harte Arbeit. Aber es ist möglich sein Leben wieder lieben zu lernen, ganz egal wieviel Hass es einem entgegen gebracht hat, wie viele Tränen und Reue, wie viele Selbstzweifel und Schmerz.
Was machen Sie?
Nichts. Ich lasse das Leben auf mich regnen.
Rahel Varnhagen