G wie Glaube.

 

Als wir klein waren glaubten wir daran, dass das Wetter morgen schön wird, wenn wir nur brav aufessen. Wir glaubten, dass man vom rohen Teig essen Magenschmerzen bekommt. Wir glaubten, dass man sich etwas wünschen kann, wenn man eine Sternschnuppe sieht. Wir glaubten daran, dass das Leben gut ist, das es einfach ist und ewig dauert. Wir glaubten an den Ritter in schillernder Rüstung auf dem weißen Pferd, der uns eines Tages holen kommt. Wir glaubten daran, dass uns niemals etwas Schlimmes passieren wird, dass alles genau so sein wird, wie wir es uns vorstellen.

 

Heute glauben wir daran, dass es schon irgendwann besser wird. Dass die Probleme irgendwann verschwinden oder eine Lösung gefunden wird. Wir glauben, dass es einen Grund gibt, warum dieses und jenes geschieht. Manche glauben vielleicht, dass es immer nurmehr bergab gehen wird. Manche denken, dass das Leben nichts als Rückschläge und Niederlagen zu bieten hat.

Aber in jedem Fall tun wir es. Wir glauben.

Einige glauben vielleicht nicht an Gott. Andere glauben an Buddha, an Jesus Christi oder an Allah. Und wieder andere glauben an das Schicksal, an Vorhersehung und Prophezeihungen. Es gibt Menschen, die jeden Tag begierig die Zeitung aufschlagen und ihr Horoskop lesen - eben, weil sie daran glauben. Andere würden niemals unter einer Leiter durchgehen, sperren sich am Freitag dem 13. in ein dunkles Zimmer ein, oder haben immer einen Glücksbringer dabei. Egal was es ist, jeder tut es. Wir glauben. An irgendwas.

 

Ich glaube an das Leben. Ich glaube daran, dass der Glaube, dass alles wieder gut wird, das ist, was mich überleben lässt. Ich glaube daran, dass es für alles einen Grund gibt. Ich glaube daran, dass mein Leben es wert ist gelebt zu werden. Daran glaube ich. Jeden Tag. Und während andere Menschen ihre Erfüllung in Gott gefunden haben, in Sternbildern oder in etwas anderem, so habe ich meine Erfüllung im Leben gefunden.

Nichts könnte mich glücklicher machen, als die Tatsache, dass ich lebe. Dass ich leben darf. Dass ich die Chance habe, jeden Tag aufzustehen und etwas aus den nächsten 24 Stunden zu machen. So viele Menschen haben dieses Glück nicht. So viele Menschen sind schon gestorben, viel zu früh und viel zu schnell. So viele Menschen sind gefangen in einem kranken Körper, der sie ans Bett fesselt. So viele Menschen haben niemals die Möglichkeit einfach nur sorglos und glücklich zu sein.

Ich schon.

Einfach nur, weil ich es kann. Weil ich glaube. Ich glaube daran, dass uns der Glaube Hoffnung gibt. Dass Glaube das ist, was uns weitermachen lässt. Ich glaube daran, dass es immer weitergeht, solange man noch glauben kann.

Von Erinnerungen und der Sehnsucht

 

Erinnerungen sind etwas Schönes. Sie geben uns das Gefühl in jenen Momenten gelebt zu haben. Sie lassen uns lächeln, zaubern wohlige Schauer auf unsere Rücken. Genauso können sie furchtbar sein. Sie können uns das Herz zerreissen, füllen unsere Augen mit Tränen.

 

Erinnerungen. etwas, das uns ausmacht. Etwas, das wir immer mittragen, egal wohin wir gehen. Und etwas, das wir hinterlassen.
Wir häufen hunderte, tausende Erinnerungen an. Sie alle machen ein Meer an Momenten aus, in dem wir hin und wieder versinken. Uns treiben lassen. Aus dem wir Erfahrung schöpfen. Ein Meer, das unser Leben ausmacht.

 

Und mit den Erinnerungen kommt die Sehnsucht. Das Meer schwemmt sie in Wellen an unseren Seelenstrand. Wir sehnen uns zurück, in eine Zeit, die längst vergangen ist. Sehnen uns nach Momenten, die vorüber sind. Sehnen uns nach Gefühlen, Situationen, Menschen, die verschwunden sind.


Manchmal überkommt es mich. Manchmal sehne ich mich so sehr nach "Früher", dass ich am liebsten schreien würde. Es war ein Früher, das irgendwie noch einfacher war. Menschen haben mein Leben bevölkert, die ich jetzt mehr als schmerzlich vermisse. Es ist schade, wie manche Dinge sich ändern. Es ist schade, dass manche Menschen verschwinden. Es ist schade, dass uns oft nichts weiter bleibt als die bloße Erinnerung. Und die Sehnsucht.
Und doch ist es irgendwie schön. Schön, dass man Sehnsucht haben kann. Nach irgendwas. Und es ist schön, dass man Erinnerungen hat an Momente, nach denen man sich sehnt.

 

Sehnsucht. Erinnerungen. Zwei Dinge der unendlich vielen, die ein Leben ausmachen. Zwei Dinge, die uns begleiten, uns vorantreiben, zurückwerfen. Uns Ruhe schenken oder uns aufwühlen. Aber auf alle Fälle sind sie eins: sie sind absolut notwendig. Notwendig um voranzukommen. Notwendig um hin und wieder flüchten zu können. Flüchten, angetrieben von der Sehnsucht. In ein Meer aus Erinnerungen.

Das Leben ist bezaubernd.

 

Es ist schon wahr, dass das Leben manchmal ein wenig mühsam ist. Arbeiten an Sonnentagen, Rechnungen zahlen, kläglich an einer Herausforderung scheitern... das sind Dinge, die machen einfach keinen Spaß. Und dann gibt es da jene schillernden, glitzernden Tage, die dich einfach vergessen lassen, dass es manchmal nicht so schön ist. Tage, die dich völlig unerwartet komplett aus dem Konzept werfen, die deinen Alltagstrott einfach so durchbrechen. Es mögen Dinge passieren, von denen du niemals gedacht hast, dass sie jemals sein könnten. Du kannst auf Menschen treffen, deren bloße Anwesenheit dir Gänsehaut bereitet. Du kannst Stunden verbringen, auf eine Art und Weise, von der du niemals gedacht hättest, dass es sie jemals geben könnte.

 

Und auch wenn wir stets in der Hoffnung leben, dass jene schönen Dinge niemals enden, so tun sie es doch. Was übrig bleibt? Wir. Völlig bezaubert, völlig entzückt, völlig überrumpelt. Völlig belebt. Belebt, vom Leben selbst. Und auch wenn der Alltagstrott schon morgen wieder weiter geht, so bleibt uns doch eben jener Tag, der einfach herausfällt. Der etwas durchbrochen hat - unerwartet, ungeplant, unglaublich. Und wenn wir ganz viel Glück haben, dann können uns auch schon die kleinen Dinge des Lebens bezaubern: ein freundliches Lächeln, ein gut gemeintes Wort. Eine herzliche Umarmung. Ein Kompliment.


Das Leben ist bezaubernd. Jeden Tag. Wir sollten es einfach einmal zulassen. Lasst euch bezaubern. Lasst euch bezaubern von eurem Leben. Morgen ist noch genug Zeit, um es mühsam zu finden.