Nach Hause kannst du nie wieder zurück.

Hast du dir schonmal überlegt, was "Zuhause" für dich bedeutet? Ist es die Wohnung, für die du die Schlüssel besitzt? Oder das kleine Kuhkaff, in dem sich Fuchs und Henne gute Nacht sagen? Ist es deine Familie? Oder dein Freundeskreis? Was bedeutet dieses Wort Zuhause?

 

Nun, es gibt wohl 7,32 Milliarden verschiedene Beschreibungen für Zuhause - einfach, weil es für jeden etwas anderes bedeutet. Und doch ist es für alle etwas, wonach wir streben. Wir wollen ein Zuhause. Ein Heim für unsere Wünsche. Einen Raum für unsere Vorstellungen. Etwas, worauf wir unsere Luftschlösser bauen können. Es geht nicht immer darum einen geographischen Ort dafür festzulegen - wir wollen ankommen. Ankommen im Leben.

 

Hin und wieder passiert es, dass wir auf der Fahrt nach Hause einfach aus dem Auto geschleudert werden. Schiffbruch erleiden. Abstürzen. Wie auch immer - wir kommen vom Weg ab und verirren uns. Und manchmal dauert es ziemlich lange, bis wir wieder zurückfinden auf den Weg nach Hause. Manchmal verändern wir uns. Oder vielleicht verändert sich unser Zuhause. Wie fühlt es sich an, wenn du heimkommst? Ist es noch dein Zuhause? Ist es wirklich möglich dein Zuhause zu verlassen, dich zu verändern, neue Ansichten zu gewinnen, zu lernen und zu wachsen und schlussendlich wieder nach Hause zurückzukehren? Ist noch alles so, wie du es verlassen hast? Bist du noch so?

 

Die Wahrheit ist traurig. Irgendwie. Vielleicht ein wenig erschreckend. Aber nach Hause kannst du nie wieder zurück. Egal, was du als Zuhause bezeichnest - nichts wird jemals so bleiben wie es ist. Alles verändert sich. Und irgendwann sperrst du die Tür zu deiner Wohnung auf und es fühlt sich an, als gehörst du nicht hierher. Vielleicht wird dir bewusst, dass du in einem Leben gewohnt hast, das nun Vergangenheit ist. Vielleicht sieht noch alles aus wie vorher - und trotzdem hat sich alles verändert.

 

Wahrscheinlich muss es so sein. Wahrscheinlich ist es vorbestimmt, dass wir manchmal obdachlos werden. Damit wir gezwungen sind unser Zuhause zu überdenken, daran zu arbeiten und es so zu verändern, wie es die Gegebenheiten nunmal erfordern. In Wirklichkeit ist Zuhause genau dem selben Prozess unterworfen wie wir selbst. Umdekorieren, renovieren, vergrößern, verkleinern, anbauen, abreißen. Manchmal müssen wir Wände niederreißen, um Platz für Neues zu schaffen. Manchmal braucht das Leben einen neuen Anstrich. Etwas, worin man sich wohlfühlt. Etwas, wo man ankommen kann.

 

Nach Hause kannst du nie wieder zurück. Es wird sich etwas verändern. Du wirst dich verändern. Vielleicht geht es darum: es sich nicht zu gemütlich zu machen. Weil ein ewiges Zuhause ewiger Stillstand bedeuten würde. Vielleicht geht es darum, dass wir angetrieben werden von der Suche nach Zuhause, was immer es auch bedeuten mag.

 

 

 

 

Bergauf.

Es gibt viele Fotos von Bergsteigern auf Berggipfeln. Sie lachen darauf, sind ekstatisch, blicken triumphierend. Auf dem Weg nach oben werden keine Fotos gemacht. Wer will sich schon an den harten Weg erinnern. Wir treiben uns an, weil wir müssen, nicht weil es uns gefällt. Der erbarmungslose Aufstieg. Man quält sich und es tut weh über sich hinauszuwachsen. Nein, davon macht niemand Fotos. Daran will sich niemand erinnern. Wir wollen uns nur an die Aussicht vom Gipfel erinnern. An den atemberaubenden Moment, als man ganz oben stand. Deswegen treiben wir uns so an. (Grey's Anatomy)

 

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Manchmal ist es einfach Zeit einen Gipfel zu erklimmen. Über sich selbst hinauszuwachsen. Sich ein Ziel zu setzen und es auch erreichen. Manchmal lernt man, dass nach jedem beschwerlichen Aufstieg eine sanfte Brise weht. Manchmal wird einem klar, dass der Weg steil, schwierig und anstrengend sein muss - wie sonst könnte man die Aussicht auch wirklich genießen?

 

Heute ging es bergauf. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Sieben Tage Psychiatrie - oder vom Drang ein Fenster zu öffnen.

Nun.. wie soll ich bloß anfangen? Manchmal erfordern außergewöhnliche Umstände außergewöhnliche Maßnahmen. Manchmal ist Ablenkung und eine positive Einstellung einfach nicht genug, um zu heilen. Manchmal geht deine Welt unter... und du stehst vor dem nichts. Und hast keine Ahnung, wie es weitergehen soll. Und manchmal muss man den Schritt wagen und sich Hilfe suchen - auch wenn es bedeutet etwas zu tun, das dir immer fern gelegen ist.


Natürlich muss jeder selbst entscheiden, wie weit er für sich selbst gehen will. Was würdest du tun, um glücklich zu sein? Sollte die einzig richtige Antwort nicht lauten: alles!?


Ich habe mich vor sieben Tagen in die Psychiatrie einweisen lassen. Wenn du an einem Punkt ankommst, an dem es einfach nicht mehr weitergeht.. dann musst du etwas tun. Es geht im Leben um Fortschritt, um Bewegung. Du kannst nicht einfach stehen bleiben.

 

Ich hab mich fürs Leben entschieden. Ich hab meine Sachen gepackt und das Bett am Fenster im Zimmer 429 bezogen - um die Chance anzunehmen irgendwie weiter zu kommen. Ich will nicht mehr stehen. Ich will nicht mehr weinen. Ich will nicht mehr völlig orientierungslos durch die Gegend straucheln, niemals wissend, ob ich irgendwo jemals ankommen werde. Ich will mich wieder spüren. Will wieder glücklich sein können. Will dem Leben noch eine Chance geben - egal wie übel es mir in der Vergangenheit mitgespielt hat.

 

Hier ist alles anders. Du begegnest Menschen, die dich ohne mit der Wimper zu zucken verstehen, die dich ernst nehmen und dir nicht sagen du sollst aufhören dich in irgendwas reinzusteigern. Sie sitzen selbst in diesem Boot. Ständig fragt dich jemand wie es dir geht - und meint die Frage wirklich ernst. Du bist nicht angehalten jedesmal zu lächeln und zu sagen "Gut, danke." Man will die Wahrheit hören - selbst wenn die Wahrheit "Ich habe keine Ahnung" ist. Hier gibt es Raum für dich selbst. Die Möglichkeit, einfach ein wenig in der Zeit zu baden. Du kannst schweigen - oder reden. Es ist völlig egal. Es geht darum, was dir gut tut. Hier wirst du nicht in Frage gestellt. Du wirst angenommen - als Patient, als Leidensgenosse, als jemand, der Hilfe braucht.


Es ist gut hier. Für mich zumindest. Und besser als anderswo, wenn ich meine Alternativen bedenke. Ich kann hier allein sein - muss es aber nicht. Ich kann mich in die Sonne setzen und ganz bei mir sein - ohne Handy oder das Buch, das ich unbedingt noch lesen muss. Ich habe Zeit zu trauern, wenn mir nach trauern ist. Es ist wie Urlaub für die Seele. Aber die Fenster.. die kann man nur mit einem Schlüssel öffnen - und wenn gelüftet wird, wird das Zimmer zugesperrt. Bei all den Vorteilen, die es hier gibt.. keimt doch schön langsam wieder der Drang, ein Fenster selbst öffnen zu können. Auch wenn ich noch nicht genau weiß welches Fenster. Und wo es sein wird. Aber vielleicht ist das das neue Ziel: finde ein Fenster, das du öffnen kannst.


Aber vorerst.. da bin ich auch zufrieden, wenn es jemand anders für mich öffnet. Immer schön langsam. Ich bin in der Psychatrie - der größte Stress liegt schon hinter mir.

Seltsame Dinge.

Manchmal passieren seltsame Dinge. Vielleicht wachst du eines Morgens auf und findest keinen Grund mehr aufzustehen, obwohl dein ganzes Leben doch eigentlich ein Tummelplatz der Möglichkeiten ist. Vielleicht verlierst du völlig den Verstand und fällst aus allen Wolken, weil du wirklich dachtest etwas zu besitzen, das dir niemals gehört hat. Vielleicht wird dir bewusst, dass positive Gedanken, Alkohol und durchfeierte Nächte dich nicht mehr heilen können. Vielleicht packst du bei vollem Verstand deine sieben Sachen in eine Tasche und lässt dich selbst in die Psychatrie einweisen. Hättest du jemals gedacht, dass dir das passieren könnte? Dass du alles verlieren kannst, woran du festgehalten hast? Dass du von einem Moment auf den anderen komplett überfordert und völlig orientierungslos sein wirst?

 

Es passieren seltsame Dinge. Manchmal denkt man, man würde mit beiden Beinen im Leben stehen - nur um zu erkennen, dass einem starke Beine nicht helfen, wenn man den Boden darunter verliert. Manchmal erkennt man, dass man keine Ahnung hat, was man eigentlich will oder das man zum ersten Mal im Leben keine Ahnung hat, wofür man kämpfen soll. Manchmal wird einem schlagartig klar, dass sich die Welt auch ohne einen weiterdreht - und es ist das Traurigste, das man je verstehen musste. Manchmal zweifelt man ernsthaft daran, dass alles wieder gut wird - obwohl man es sich hinter die Ohren geschrieben hat. Manchmal fragt man sich, ob man vermisst wird. Ob man in jemandes Leben mehr hinterlassen hat, als eine Kaffeemaschine und einen Pizzaschneider.

 

Es passieren seltsame Dinge. Meistens obliegt es uns nicht sie zu verstehen, zu verhindern oder zu ändern. Wir sind angehalten damit umgehen zu lernen, damit zu leben, dass manchmal an 7 Tagen hintereinander die Sonne scheint - und es am nächsten Tag plötzlich schneit.

 

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