Sieben Tage Psychiatrie - oder vom Drang ein Fenster zu öffnen.

Nun.. wie soll ich bloß anfangen? Manchmal erfordern außergewöhnliche Umstände außergewöhnliche Maßnahmen. Manchmal ist Ablenkung und eine positive Einstellung einfach nicht genug, um zu heilen. Manchmal geht deine Welt unter... und du stehst vor dem nichts. Und hast keine Ahnung, wie es weitergehen soll. Und manchmal muss man den Schritt wagen und sich Hilfe suchen - auch wenn es bedeutet etwas zu tun, das dir immer fern gelegen ist.


Natürlich muss jeder selbst entscheiden, wie weit er für sich selbst gehen will. Was würdest du tun, um glücklich zu sein? Sollte die einzig richtige Antwort nicht lauten: alles!?


Ich habe mich vor sieben Tagen in die Psychiatrie einweisen lassen. Wenn du an einem Punkt ankommst, an dem es einfach nicht mehr weitergeht.. dann musst du etwas tun. Es geht im Leben um Fortschritt, um Bewegung. Du kannst nicht einfach stehen bleiben.

 

Ich hab mich fürs Leben entschieden. Ich hab meine Sachen gepackt und das Bett am Fenster im Zimmer 429 bezogen - um die Chance anzunehmen irgendwie weiter zu kommen. Ich will nicht mehr stehen. Ich will nicht mehr weinen. Ich will nicht mehr völlig orientierungslos durch die Gegend straucheln, niemals wissend, ob ich irgendwo jemals ankommen werde. Ich will mich wieder spüren. Will wieder glücklich sein können. Will dem Leben noch eine Chance geben - egal wie übel es mir in der Vergangenheit mitgespielt hat.

 

Hier ist alles anders. Du begegnest Menschen, die dich ohne mit der Wimper zu zucken verstehen, die dich ernst nehmen und dir nicht sagen du sollst aufhören dich in irgendwas reinzusteigern. Sie sitzen selbst in diesem Boot. Ständig fragt dich jemand wie es dir geht - und meint die Frage wirklich ernst. Du bist nicht angehalten jedesmal zu lächeln und zu sagen "Gut, danke." Man will die Wahrheit hören - selbst wenn die Wahrheit "Ich habe keine Ahnung" ist. Hier gibt es Raum für dich selbst. Die Möglichkeit, einfach ein wenig in der Zeit zu baden. Du kannst schweigen - oder reden. Es ist völlig egal. Es geht darum, was dir gut tut. Hier wirst du nicht in Frage gestellt. Du wirst angenommen - als Patient, als Leidensgenosse, als jemand, der Hilfe braucht.


Es ist gut hier. Für mich zumindest. Und besser als anderswo, wenn ich meine Alternativen bedenke. Ich kann hier allein sein - muss es aber nicht. Ich kann mich in die Sonne setzen und ganz bei mir sein - ohne Handy oder das Buch, das ich unbedingt noch lesen muss. Ich habe Zeit zu trauern, wenn mir nach trauern ist. Es ist wie Urlaub für die Seele. Aber die Fenster.. die kann man nur mit einem Schlüssel öffnen - und wenn gelüftet wird, wird das Zimmer zugesperrt. Bei all den Vorteilen, die es hier gibt.. keimt doch schön langsam wieder der Drang, ein Fenster selbst öffnen zu können. Auch wenn ich noch nicht genau weiß welches Fenster. Und wo es sein wird. Aber vielleicht ist das das neue Ziel: finde ein Fenster, das du öffnen kannst.


Aber vorerst.. da bin ich auch zufrieden, wenn es jemand anders für mich öffnet. Immer schön langsam. Ich bin in der Psychatrie - der größte Stress liegt schon hinter mir.