Paulo

 

Du siehst aus, als hättest du etwas verloren.

Tja, irgendwie schon.

Weißt du schon, wie du es wiederfinden willst?

Ich hab absolut keine Ahnung.

 

Kennst du das, wenn du dich in einer Situation wiederfindest, die so irre ist, dass die Gebrüder Grimm in der Ecke gestanden wären, die Hände über den Kopf geschlagen und gerufen hätten: Das gibts ja nicht!

 

Nun, meine Reise zu mir selbst hat mich an diesem Wochenende nach Kroatien gebracht. Und dort, in diesem Dörfchen direkt am Meer, in einem kleinen Strandcafe bei einem doppelten Espresso und vier Gläsern Wein, hab ich verstanden was Martin Buber meint, wenn er sagt Alles Wirkliche im Leben ist Begegnung.

 

Es war einmal ein Mann, nennen wir ihn Paulo, wie den fabelhaften Schriftsteller, der verlor seine Frau bei einem tragischen Autounfall, den er selbst verursacht hatte. Paulo konnte mit dieser Schuld nicht leben und wurde nach einem missglückten Selbstmordversuch in die Psychiatrie eingewiesen. Nach einem mehrwöchigem Aufenthalt beschloss er, seinen größten Fehler wieder gut zu machen und setzte es sich zur Lebensaufgabe sein Glück wieder zu finden - weil seine Frau es so gewollt hätte. Aber wie? Er kündigte seine Arbeit, fing eine neue Ausbildung an, zog um, er versuchte alles zu ändern, von dem er dachte, dass es nötig wäre. Schlussendlich blieb nichts übrig - außer er selbst, noch immer todunglücklich. Er suchte sich einen Therapeuten und versuchte sich sein Unglück von der Seele zu reden, doch es half nicht. Also setzte er sich eines Tages ins Auto und fuhr. Ständig dem Meer entgegen. Und landete in dem kleinen Dörfchen am Meer. Er verbrachte eine ganze Woche dort, von früh bis spät betrunken und hoffte, er könne so Antworten auf seine Fragen finden. Aber die Antworten blieben aus. An seinem letzten Tag beschloss er nach Hause zu fahren und seinen Selbstmordversuch diesmal nicht mehr zu überleben. Aber an jenem Abend kam ihm eim Gedanke. Vielleicht hatte er das Glück nur an den falschen Orten gesucht? Also kritzelte er eine Liste mit Dingen, die er tun wollte und versprach sich selbst, es erst zu versuchen und sollte es nicht funktionieren, könnte er noch immer sterben.

 

Mehr als ein Jahrzehnt später sitzt er in dem kleinen Dörfchen am Meer und grinst zufrieden. Er kommt jedes Jahr hierher, um sich an den Moment zu erinnern, der ihm das Leben gerettet hat. Und wann immer er meint eine verlorene Seele gefunden zu haben, teilt er seine Geschichte... und sein Geheimrezept.

 

Man sieht es in ihren Augen. Menschen wie du, sie schauen alle gleich. Man sieht ihnen den Schmerz und das Leid an, das sie mit sich herumtragen.

 

Lieber Paulo. Ich habe dir hundert Mal gedankt. Dafür, dass du mich berührt hast und dafür, dass ich dir begegnen durfte. Es war ein Stückchen Wirklichkeit in einem Leben voller Fragen und hypothetischer Antworten.

 

Die Zehn.

1. Besuche 10 Orte, an denen du glücklich warst und versuche wohlwollend und dankbar an die Vergangenheit zu denken, nicht wehmütig und traurig.

2. Besuche 10 Orte, die du schon immer sehen wolltest und lass dich davon begeistern.

3. Setze dir 10 kleinere oder größere Ziele, und versuche sie zu erreichen.

4. Sag zu 10 Sachen Ja, zu denen du ansonsten Nein gesagt hättest und umgekehrt... und sieh was passiert.

5. Nimm dir so oft es geht 10 Minuten Zeit, setz dich hin und lächle.

6. Mach 10 Sachen, von denen du nie geglaubt hättest, dass du sie jemals machen würdest.

7. Erträume dir 10 Dinge, materiell oder emotional, und setze alles daran sie zu verwirklichen.

8. Denk dir 10 Adjektive aus, die dich und dein Leben beschreiben sollten - und versuche ständig mindestens 5 davon zu sein.

9. Stelle dir selbst 10 Fragen und versuche diese zu beantworten oder zu verwerfen, bevor du dir die nächsten 10 stellst.

10. Sei stets bereit für Neues, selbst wenn es bedeutet alte Gewohnheitem abzulegen oder wenigstens für eine Zeit zu vergessen. Begegne allem und jedem gegenüber offen und ohne Vorbehalte und versuche das Leben als Chance und nicht als Pflicht zu sehen.

 

Die Spielregel lautet:. Setze dich nicht unter Druck und gib dir so viel Zeit, wie du dafür brauchst - und akzeptiere, dass trotz allem schlechte Tage kommen werden. Und beginne erst, wenn du dir alles gut überlegt hast und bereit dazu bist.

 

Es ist kein Garantieschein oder so... Vielleicht arbeitest du deine ganze Liste ab und es hat dir nicht geholfen. Aber es ist zumindest etwas, das du tun kannst. Und vielleicht entdeckst du dabei, dass das Glück in dir steckt und nicht irgendwo gefunden werden muss. So war es zumindest bei mir. Ich wünsch dir alles Gute. Aber eigentlich hast du es dir ja schon hinters Ohr geschrieben: alles wird gut.

 

Paulo hat meine Frage, wie lange er gebraucht habe und ob er alle Dinge erledigt habe nicht beantwortet. Vielleicht gibt es auch keine Antwort darauf. Und vielleicht ist es die falsche Frage. Vielleicht ist die richtige Frage: Womit soll ich beginnen?

 

Für Paulo. Manchmal reicht ein "Danke" nicht aus.