Der Krieg.

 

Wir alle führen Krieg. Und zwar jeden Tag. Wir führen Krieg mit der Liebe.

 

Manchmal passiert es, dass die feindlichen Truppen in unser Hoheitsgebiet einfallen. Sie attackieren unser Herz, unseren Verstand, unsere Seele. Wir versuchen uns zu verteidigen, errichten Mauern aus zentnerschwerem Gefühlsbalast. Aber es hilft nichts, sie startet Luftangriffe, umzingelt unseren Kopf, unsere Gedanken. Sie setzt gefinkelte Waffen ein, dringt vor in unser Innerstes und richtet dort gewaltigen Schaden an.

Und so plötzlich, wie sie unser Herz gestürmt hat, so schnell tritt sie auch wieder den Rückzug an. Lässt uns zurück, völlig schutzlos, niedergemetzelt, aufgewühlt. Wir fangen an die Wunden zu flicken, die Mauern zu erneuern, wir versuchen den entstandenen Schaden zu beheben, auszugleichen. Wir prägen uns ihre Strategien ein, ihre Spielzüge. Wir wollen verhindern, dass beim nächsten Mal wieder so etwas passiert.

Aber es ist vergebens, sie findet immer wieder neue Methoden uns zu schlagen. Sie kennt keine Regeln. Erfindet sich ständig neu. Die Liebe ist der wohl schwierigste Gegner, den wir haben.

 

Wir werden niemals als Sieger hervorgehen in diesem Krieg. Und egal welches Angebot wir ihr machen, sie wird sich niemals auf einen Waffenstillstand einlassen. Sie weiß, wie sie uns besiegen kann. Und deshalb tut sie es – andauernd. Das einzige was wir machen können ist den Schaden möglichst klein zu halten. Keine Mauern aufbauen, die im Angesicht der Liebe doch nur so nutzlos sind wie ein Stück Papier, das eine Kreissäge aufhalten soll.

 

Wir müssen uns damit abfinden, dass wir im Krieg mit der Liebe nichts als Verluste verbuchen können. Wir opfern unser Herz, unsere Seele. Wir verlieren unseren Verstand.

 

Und während wir einsehen, dass wir einfach nichts machen können, dass die Liebe uns immer und immer wieder besiegen wird, dass auch der größte Wall aus Gefühlsbalast nur niedergetrampelt werden wird, erkennen wir vielleicht, dass der eigentliche Zweck dieses Krieges niemals sein wird zu siegen, sondern dass es darum geht ihn zu führen.

 

Das ist es, was wir Leben nennen: genau das, was dazwischen passiert. Zwischen den Angriffen und den Rückzügen. Zwischen der Schadensbegrenzung und der Vorbereitung auf den nächsten Sturm. Da ist es, das Leben. Ein paar Momente lang. Das Leben mit, wegen, trotz und für die Liebe.

 

Und irgendwann, vielleicht wenn wir alt und grau sind, dann verstehen wir hoffentlich, dass uns kein Gegner würdiger sein hätte können im Leben, als die Liebe. Weil sie uns ständig dazu bringt uns neu zu erfinden. Weil sie uns durch die Hölle gehen lässt – und zwar barfuß. Weil sie uns mit jedem Schmerz stärker gemacht hat. Weil sie uns unsere Grenzen zeigt, uns vor Augen führt, wann es an der Zeit ist zu kapitulieren. Weil sie uns leben lässt.

 

Weil der Krieg gegen die Liebe der einzig vertretbare auf dieser Welt ist.