Vom Abschließen und vom Schlüssel.
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- Veröffentlicht: 03. September 2016
Heute ist der 3. September 2016. Faszinierend, wie die Zeit vergeht. Was war am 3. September 2006? Warst du single? Hattest du noch keine Kinder? Warst du vielleicht noch nicht verheiratet oder hattest rote Haare, war deine Familie noch komplett und du selbst glücklich? Was ist passiert in den letzten zehn Jahren?
Fühlt es sich seltsam an, dir selbst diese Fragen zu stellen?
Nun, je älter wir werden, desto deutlicher wird die Zeit, die wir hinter uns gelassen haben. Und irgendwann - ich befürchte schneller als uns lieb ist - wird auch der 3. September 2016 etwas sein, das wir hinter uns gelassen haben. Wir werden feststellen, dass wir so und so alt waren damals und seither viel passiert ist und sich so ungefähr alles geändert hat, woran wir jemals glaubten. Aber es wird okay für uns sein. Wir haben bis dann schon lange damit abgeschlossen, wie es uns damals 2016 so gegangen ist, welchen Hindernissen wir die Stirn geboten haben und welche Kämpfe wir verloren haben.
Das ist das faszinierende am Leben. Irgendwie schaffen wir es abzuschließen und weiterzugehen.
Aber hin und wieder, nur ganz selten aber doch, stellt sich mir eine Frage: Wenn wir etwas abschließen, werfen wir dann je den Schlüssel dazu weg?
Es ist nunmal so, dass uns nicht so sehr ausmacht, wie unsere Vergangenheit. Alles was wir sind, sind wir irgendwann geworden. Wie könnten wir also einfach den Schlüssel zu unserem ganzen Sein wegwerfen? Wie wäre ein Leben, das nicht hin und wieder einen kleinen Blick hinter die Tür der Vergangenheit gestattet? Und sei es nur, um zu verstehen wie weit wir gekommen sind.
Das Leben ist seltsam. Wir wollen so angestrengt voran kommen, dass uns manchmal gar nicht auffällt, wie viele Schlüssel von abgeschlossenen Türen sich an unserem Schlüsselbund gesammelt haben. Mit noch nicht einmal 27 Jahren habe ich bereits so viele Schlüssel gesammelt, dass ich an manchen Tagen nicht fähig bin diese Last zu tragen. Und doch könnte ich niemals einen davon wegwerfen. Familie, Liebe, Freundschaften - es verbirgt sich zu viel hinter den zugemachten Türen.
Vielleicht geht es am Ende nicht immer darum, Momente gesammelt zu haben, dir dir den Atem rauben. Oder Erinnerungen an Augenblicke, die du richtig gelebt hast. Vielleicht geht es am Ende darum, tausende Schlüssel zu haben, die dir selbst zeigen, wie viel zu geschafft hast. Du hast abgeschlossen und bist weitergegangen. Tausende Türen zur Vergangenheit, die du hinter dir gelassen hast, tausende Verluste, die sich irgendwann als Gewinne herausgestellt haben. Tausende Male, die du dein Leben überdacht hast und vorangeschritten bist.
Nein, wir werfen die Schlüssel niemals weg. Was würden wir nur tun, ohne die Erinnerungen an ein längst gelebtes Leben, an Leid und Schmerz - aber ebenso an Freude, Sehnsucht und Glück. Hinter jeder abgeschlossenen Tür verbirgt sich ein Teil deines Selbst - single, kinderlos, noch mit roten Haaren, jung und dumm... ganz egal.
In Wahrheit ist es doch so: mit etwas abschließen bedeutet nicht, die Tür zu versperren und das Leben dahinter wegzuwerfen. Es bedeutet, mit etwas geendet zu haben und hin und wieder einen kurzen Blick dahinter zu werfen und zu grinsen - weil wir aus den Erfahrungen gelernt haben und gewachsen sind. Weil seit dem 3. September 2006 viel passiert ist - so viel, es fühlt sich an wie ein ganzes Leben.
Für Thomas Kabelka.
Weil ein Blick hinter eine abgeschlosseneTür stets bedeutet,
auf die Hauptdarsteller der Vergangenheit zu treffen -
und zu merken, dass es immer etwas gibt,
das einen unversehens lächeln lässt, ganz egal, was alles passiert sein mag.